Meine Erfahrungen mit freischwimmenden Copepoden

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    Aus Gründen der Höflichkeit bitten wir das Geschriebene mit seinem Vornamen zu kennzeichnen, Danke, das Team der IG.

    • Meine Erfahrungen mit freischwimmenden Copepoden

      Hallo zusammen,

      jetzt ist es ungefähr ein Jahr her, dass hier nach der letzten Messe in Sindelfingen viel über Acartia gesprochen wurde.
      Damals hatte ich versprochen mal über meine Erfahrungen mit diesen Copepoden zu schreiben.
      Naja,... ich denke besser spät als nie.
      Will das hier mal in Angriff nehmen, aber in einen etwas größeren Zusammenhang packen.
      Ich brauch dafür bestimmt ein paar "Kapitel".
      Fragt gern dazwischen, wenn Ihr wollt.

      Wozu freischwimmene Copepoden ?
      Als ich vor ca. 10 Jahren anfing zu züchten, bekam ich auch Kontakt zu Wolfgang Mai, der mich ermutigte es mit Mandarinfischen zu versuchen. Ich kaufte mir sein Buch über Mandarinfische und folgte den Anweisungen, baute einen Larvenkreisel und kultivierte Brachionus.
      Bald hatte ich weit über 100 Mandarinlarven, die alle in Wolken gut angereicherter Brachionus starben. In mehreren Versuchen kam ich nicht weiter. Beim nächsten Telefonat mit Mai sagte er mir, dass es besser mit Copepoden ginge (Thisben oder aus dem Riffbecken abgesaugte und dann kultivierte). In der deutschen Literatur wird immer wieder darauf hingewiesen, dass zumindest die Nauplien von Thisbe und Nitocra freischwimmend und für die Fütterung von Fischlarven gut geeignet seien. Ich schaffte es nie ausreichend viele Copepoden-Nauplien zu haben. Ein halbes Dutzend Versuche in einem halben Jahr brachten mich keinen Schritt weiter. Ich probierte alle Copepoden aus, die ich irgendwie kriegen konnte. Erfolglos.
      Acartia, Parvocalanus und auch Apocyclops waren damals in Europa nicht zu bekommen.
      Weil auch alle Berichte, die ich finden konnte, nichts brachten, fing ich an in den amerikanischen bzw. internationalen Foren
      Mofib und Mbi zu lesen.
      Ein Wendepunkt war der Satz, den ich von Louis, der mehrere Dutzend Arten gezüchtet hat, im Mofib gelesen hab.
      "Other than that,breeding harps is an exercise in futility,because IMHO they are good for nothing." (Zitat
      marinebreeder.org/forums/viewtopic.php?f=144&t=508 )
      Sinngemäß:
      Benthische Copepoden (das sind die, die am Bodengrund oder auf Steinen, also auf Substrat leben) zu züchten ist eine unnütze Übung, weil sie für garnichts zu gebrauchen sind.
      Thisben, Tigriopus, Nitocra und die Copepoden, die wir in unseren Riffbecken finden, gehören alle in diese Gruppe.
      Ich brauchte also freischwimmende Copepoden. Mai hatte in seinen Büchern immer davon abgeraten, weil zu aufwändig in der Fütterung und ohne großen Nutzen.
      Von vielen amerikanischen Züchtern hörte ich aber, dass sie mit diesen freischwimmenden Copepoden Erfahrungen machten und Erfolge erzielten.
      Ungefähr in dieser Zeit (2013) boten die Engländer vom Seahorsebreeder Shop Acartia Tonsa Kulturansätze an.
      Im 3. Versuch überlebten endlich genügend Tiere den Transport und mir gelang es eine Kultur aufzubauen.
      Ich war sehr froh, dass das funktionierte und ärgerte mich nicht weiter, dass ich mit den zwei vorangegangenen Bestellungen eine ganze Menge Geld verheizt hatte.

      Fortsetzung folgt.
    • Hallo Bernd

      Habe mir das jetzt auf marinebreeder jetzt auch durchgelesen und habe eine Frage zu deinem Setup. Luis schreibt ja das er die oder eine Kultur in einem runden Acryl Behälter mit einem Sieb unten in einem Eimer stehend hält. Hast du es auch schon so gemacht oder kultivierst du gar so?
      - "Mein kleines azooxanthellates Aquarium" -

      Beste Grüße
      Harald
    • Harald schrieb:

      Hallo Bernd

      Habe mir das jetzt auf marinebreeder jetzt auch durchgelesen und habe eine Frage zu deinem Setup. Luis schreibt ja das er die oder eine Kultur in einem runden Acryl Behälter mit einem Sieb unten in einem Eimer stehend hält. Hast du es auch schon so gemacht oder kultivierst du gar so?
      Hallo Harald,
      ich komme da bald dazu wie man die Dauerkultur hinbekommt. Ich versuch das dann mehr im Zusammenhang zu erklären.
      Also ein klein bisschen Geduld bitte. Kommt wirklich ganz bald.
      LG.
      Bernd
    • Systematik und Begriffe

      wenn man sich durch die Zuchtberichte liest, wird man mit einer Menge an Begriffen bombardiert, die mich auch erstmal ziemlich durcheinander brachten.
      Für die, die noch nicht soweit in der Sache sind, wollte ich hier mal knapp die häufigsten Begriffe klären. Nur das, was wirklich für uns Aquarianer interessant ist und auch nicht oberstreng wissenschaftlich.

      Copepoden sind eine Unterklasse der Krebstiere. Man nennt sie auch Ruderfußkrebse.
      Diese Unterklasse beinhaltet mindestens 10 Ordnungen. Davon sind nur folgende 3 für uns Aquarianer interessant:
      1.Harpacticoidae
      zu denen gehören die Thisben, Tigriopus, Nitocra und natürlich viele mehr. Zahlreiche Arten tummeln sich "wild" in unseren Riffbecken.
      Sie leben überwiegend benthisch, d.h. an Substrat (also Gestein, Bodengrund, Scheiben). Das heisst aber nicht, dass sie nicht auch schonmal im freien Wasser zu sehen sind. (@Harald vor allem die Nauplien von Thisbe und Nitocra machen das recht oft.) Die Gesamtkultur wird aber immer am Substrat orientiert sein. Das liegt auch daran, dass sie sich stark von Bakterien ernähren, die wiederum Abfallstoffe, die sich am Substrat sammeln, verarbeiten.
      Starkem Licht weichen sie eher aus, was sie als Futter für Fischlarven ungünstiger macht.
      2. Calanoidae zu denen gehören die Acartia und Parvocalanus. Sie leben komplett pelagisch, d.h. sie schwimmen ganz frei im Wasser.
      3. Cyclopoidae zu denen die uns bekannten Apocyclops panamensis gehören. Auch diese schwimmen im freien Wasser, sind also pelagisch.

      Über die Kultur und Verwendung der freischwimmenden Copepoden dann in der nächsten Runde....


    • Harald schrieb:

      aquabernd666 schrieb:

      (@Harald vor allem die Nauplien von Thisbe und Nitocra machen das recht oft.)
      Das meinte ich ja Bernd. Deswegen hatte ich ja auch geschrieben:

      Harald schrieb:

      von Tisben bin ich aus gegangen das sie nicht nur Benthisch sind.

      Grundsätzlich hast Du vollkommenen Recht.
      Thisbe Nauplien verhalten sich teilweise freischwimmend. Und ich hab Louis ja auch nicht ganz richtig übersetzt. Er schrieb ja "Harps", also Harpacticoidae und ich hab das einfach mit benthisch übertragen.
      Aber in der Summe sagt er, dass eben diese Harps, also auch die Thisben, in der Fischzucht nix nützen.
      Da spielt ausser der benthischen Lebensweise auch rein, dass sie immer aus dem Licht flüchten.
      Und abgesehen von all den Einzelheiten:
      Ich hab in deutschen Quellen immer wieder gelesen, dass Nitocra- und Thisbenauplien freischwimmen und man sie deshalb gut in der Zucht nutzen kann.
      Und das Ergebnis ? Alle Fische, die über Jahre bei uns gezüchtet wurden, sind eigentlich immer mit Brachionus gezogen worden. Deshalb war da auch schnell eine Grenze. Anemonenfische, Zwergbarsche und wenige andere gingen, andere aber überhaupt nicht. Während in US auch bei kleinen Züchtern schon viel mehr ging, weil man vor 10 Jahren Acartia und Parvocalanus schon in Geschäften kaufen konnte und viel mehr Erfahrung mit deren Kultur da war, hielt man sich hier an den verfügbaren Thisben etc. fest. Ich hab's ja auch lange versucht und schließ nicht aus, dass eventuell manchmal was geht...
      Suppe mit Gabel essen geht auch ein bisschen... ;)

      LG. Bernd
      P.S. im Bereich Seepferdchen ist das ja nochmal was anderes.
    • aquabernd666 schrieb:

      sind eigentlich immer mit Brachionus gezogen worden

      aquabernd666 schrieb:

      P.S. im Bereich Seepferdchen ist das ja nochmal was anderes.
      Wenn man es richtig macht können Brachionus auch wertvoll sein, zumindestens ist mir die Aufzucht von Reidis damit am besten gelungen.

      Vermutlich aber wäre die Zucht mit Acartia und Parvocalanus besser gelaufen. Aber das weiß ich nicht da mir da die praktische Erfahrung fehlt.
      - "Mein kleines azooxanthellates Aquarium" -

      Beste Grüße
      Harald
    • Harald schrieb:

      aquabernd666 schrieb:

      sind eigentlich immer mit Brachionus gezogen worden

      aquabernd666 schrieb:

      P.S. im Bereich Seepferdchen ist das ja nochmal was anderes.
      Wenn man es richtig macht können Brachionus auch wertvoll sein, zumindestens ist mir die Aufzucht von Reidis damit am besten gelungen.
      Vermutlich aber wäre die Zucht mit Acartia und Parvocalanus besser gelaufen. Aber das weiß ich nicht da mir da die praktische Erfahrung fehlt.
      Hallo Harald
      Brachionus haben ja unbestritten große Vorzüge. Bei vielfressenden und stark aktiv jagenden Larven wie Ocellaris und Fridmani funktionieren die ja sehr gut.
      Schwieriger wird es immer, wenn Larven nicht so aktiv sind, nicht so viel fressen oder die Larvenzahl nicht so groß ist. Dann musst Du ja trotzdem eine gewisse Futterdichte erreichen und statt dass die Larven die Brachionus reduzieren, vermehren diese sich dann masslos. Da ist es schwierig ein Gleichgewicht zu halten zumal die Brachionus ja immer schnell ihre Wertigkeit verlieren.
      Und bei manchen Fischarten funktionieren die Brachionus auch garnicht, weil der Bewegungsreiz nicht für jede Larve passt.
      Wie ist das denn eigentlich bei den Reidi-Neonaten ? Fressen die in den ersten Tagen schon sehr viel ?
      Würde das ja gern mal mit Parvocalanus probieren.
      Falls Du wieder Junge hast, könntest Du ja für die erste Zeit von mir Parvos bekommen oder/und Du gibst mir ein paar Pferdchen zum Aufziehen.
      Weiss nicht, ob das realisierbar ist.

      LG
      Bernd
    • Scopa1 schrieb:

      Hallo Bernd,
      .... Nicht nur wie züchte ich die passenden Cops sondern auch warum andere Länder schon weiter sind. ....
      Berthold
      Hallo Berthold

      Dafür gibt es mehrere Gründe

      In Deutschland bleibt man gerne beim ..Haben wir immer schon so gemacht... (ich hoffe dafür bekomme ich hier keine verbale Prügel)
      In vielen Ländern wird entwedr selbst in die Richtung Forschung geschaut oder auch aktiv geforscht. Bekomme ich seit einiger Zeit ganz massiv bei Garnelen, auch Süßwasser mit.
      In der Aquakultur gibt es schon sehr gute Ergebnisse mit verschiedenen Lebendutterarten und auch Fertigfuttern. Siehe Norwegen, GB, Japan, USA
      Das mit dem Neuen wagen und auch mit dem konstruktivem Austausch funktioniert in vielen Ländern einfach besser. Wenn ich oft genug lese einer weiß wie es unbedingt geht oder wie was ist ohne den Punkt ausreichend begründen zu können und zu wollen, vergeht mir ehrlich gesagt die Lust an einer weiteren Diskusion. Und das mit dem Hintergrund, dass ich meine Aussagen idR durchaus fachlich belegen kann
      Viele Grüße
      Bernhard : gruebel : :thumbup: : Seepferd : :Krabbe: