Hallo,
auch auf die Gefahr hin Euch zu nerven, ein weiterer Beitrag von mir. Eigentlich für den Meeresaquarianer gedacht, aber nie abgeschickt.
LG Helmut
Kluge und dumme Fische
Wahrscheinlich stehen jedem Verhaltensforscher die Haare zu Berge wenn er die Überschrift liest. Zumindest für den Laien gibt es so was schon. Weshalb empfinden wir aber einige Fische als dumm und andere als klug? Das liegt wohl in unserer eigenen Betrachtung der Welt. Wir sind vornehmlich „Augentiere“, erkennen unsere Umgebung also optisch und reagieren auf Hindernisse indem wir sie sehen, oder gelegentlich auch nicht. So sind Fische, die ihre Umwelt ebenfalls optisch erkunden, für uns intelligent. Allerdings besitzen Fische nur die Fertigkeiten, welche für ein Überleben notwendig sind. Das gilt für die meisten Tiere, nur einige haben Fähigkeiten entwickelt, die über die notwendigen hinausgehen.
Betrachten wir mal die klugen Fische. Da fällt auf, dass sie meist Bodenbewohner sind. Nehmen wir als Beispiel die Schleimfische und Grundeln. Bei ersteren können wir feststellen, dass sie Veränderungen im Aquarium ganz genau begutachten. Zumindest im Freiwasser ist das für die Fische überlebensnotwendig. Als Bewohner von Geröll- und Felsküsten, oder auch von Korallenriffen, benötigen die Fische schützende Höhlen oder ähnliche Unterschlüpfe um in Sicherheit zu leben. Die Gegend um ihre Unterkünfte müssen die Fische ganz genau kennen. Haben sie sich nämlich doch einmal etwas weiter entfernt, dann müssen sie auf dem kürzesten Weg nach hause finden, wenn Gefahr droht. Sie können ja nicht in die nächste, beliebige Höhle flüchten, denn die ist meist auch besetzt und schlimmstenfalls von einem Feind. Deshalb prägen sich die Fische die Umgebung ihrer Höhle ganz genau ein. Dafür haben die Schleimfische und Grundeln ein überaus gutes Gedächtnis. Man erkennt kluge Fische aber bereits an den Augen. Um ihre Höhle bei Gefahr mit dem ersten Schwung erreichen zu können, müssen sie Entfernungen schätzen. Das geht aber nur, wenn man plastisch sehen kann. So stehen die Augen bei Schleimfischen und Grundeln hoch am Kopf und haben nach vorn ein gemeinsames Gesichtsfeld.
Bei einem Urlaub in Ägypten suchten wir uns einen schönen Platz an der Steilküste beim Ras um Sid Plateau. Einige Felsbrocken waren schon verdächtig vom Felsen abgelöst und wir hofften, daß sie wenigstens noch für die Zeit unserer Anwesenheit da oben bleiben. In Deutschland hätte sich kein Mensch an dieser Küste aufhalten dürfen. Wir habens überlebt! Als die Flut, kam mußten wir unsere Sachen in Sicherheit bringen und beobachteten kleine Fische die mit jeder Welle auf den flachen Felsen sprangen und winzige Algen abfraßen. Mit der nächsten Welle waren sie wieder weg. Es handelte sich um Schleimfische der Gattung Istiblennius.Lustig war, als ein Fisch an der Felskante verweilte und die Lage mit den komischen Lebewesen auf seinem Gemüsegarten sondierte.(FOTO)Er muß dieSituation als unbedenklich eingeschätzt haben, denn mit der nächsten Welle war er wieder beim fressen. BeiEbbe versteckten sich die Fische im Felsen unter Wasser. Die Algen konnten wir nicht sehen, aber als wir unvorsichtig auf den nassen Felsen traten, machten die Füße was sie wollten. Einige Blessuren waren die Folge.
Wickler (1975) beschreibt eine kleine Grundel (Bathygobius soporator) der kalifornischen Küste. Diese lebt so nah am Ufer, dass sie bei Ebbe regelmäßig in kleinen Fluttümpeln zurückbleibt. Versucht man die Fische zu fangen, dann springen sie aus dem Tümpel in einen benachbarten und in weitere bis ins Meer. Die Fische können den Nachbartümpel beim Absprung nicht sehen. Sie müssen sich also bei Flut die Vertiefungen einprägen. Als man einzelne Grundeln in entfernte Tümpel setzte, die sie nicht kannten, waren sie nicht zum Springen zu bewegen. Also springen sie nur aus „ihren“ Tümpeln. Als man einige Fische 14 Tage gefangen hielt und sie dann in ihren Tümpel zurücksetzte sprangen sie wie gewohnt in den Nachbartümpel, allerdings waren einige mittlerweile verschwunden und sie landeten im Trockenen. Die bemerkenswerten Grundeln behielten die Fluchtwege 40 Tage im Gedächtnis, lernten aber bei Flut sofort um!
Pelagische Fische benötigen kein solches Gedächtnis. Heringsartige, wie Sardinen, Sardellen und Heringe, leben im offenen Meer. Dort gibt es keine Hindernisse, es ist der eintönigste Lebensraum, den man sich vorstellen kann. Diese Fische können auf Hindernisse nicht reagieren, sie schwimmen einfach immer geradeaus. Das ist der Grund, weshalb man solche Fische nur in Rundbecken bewundern kann, in denen eine ringförmige Strömung erzeugt wird. Die Tiere schwimmen dann immer geradeaus wie sie glauben, in Wahrheit schwimmen sie ständig im Kreis. An einer Wand würden sich die Fische zu Tode schwimmen. Übrigens auch an einer Glasscheibe, die ja noch Weite vortäuscht. Für uns sind das also dumme Fische, obwohl sie nicht wirklich dumm sind, sie verfügen nur nicht über unnötige Fertigkeiten.
Es gibt natürlich weitere Fische die uns intelligent oder eben weniger intelligent erscheinen. Zu ersteren zählen u. a. Zwergbarsche und zu letzteren auch Hornhechte oder andere pelagische Arten.
Lit.: Wickler, Wolfgang (1975): Das Meeresaquarium, Kosmos Franckh’sche Verlagshandlung. Stuttgart
auch auf die Gefahr hin Euch zu nerven, ein weiterer Beitrag von mir. Eigentlich für den Meeresaquarianer gedacht, aber nie abgeschickt.
LG Helmut
Kluge und dumme Fische
Wahrscheinlich stehen jedem Verhaltensforscher die Haare zu Berge wenn er die Überschrift liest. Zumindest für den Laien gibt es so was schon. Weshalb empfinden wir aber einige Fische als dumm und andere als klug? Das liegt wohl in unserer eigenen Betrachtung der Welt. Wir sind vornehmlich „Augentiere“, erkennen unsere Umgebung also optisch und reagieren auf Hindernisse indem wir sie sehen, oder gelegentlich auch nicht. So sind Fische, die ihre Umwelt ebenfalls optisch erkunden, für uns intelligent. Allerdings besitzen Fische nur die Fertigkeiten, welche für ein Überleben notwendig sind. Das gilt für die meisten Tiere, nur einige haben Fähigkeiten entwickelt, die über die notwendigen hinausgehen.
Betrachten wir mal die klugen Fische. Da fällt auf, dass sie meist Bodenbewohner sind. Nehmen wir als Beispiel die Schleimfische und Grundeln. Bei ersteren können wir feststellen, dass sie Veränderungen im Aquarium ganz genau begutachten. Zumindest im Freiwasser ist das für die Fische überlebensnotwendig. Als Bewohner von Geröll- und Felsküsten, oder auch von Korallenriffen, benötigen die Fische schützende Höhlen oder ähnliche Unterschlüpfe um in Sicherheit zu leben. Die Gegend um ihre Unterkünfte müssen die Fische ganz genau kennen. Haben sie sich nämlich doch einmal etwas weiter entfernt, dann müssen sie auf dem kürzesten Weg nach hause finden, wenn Gefahr droht. Sie können ja nicht in die nächste, beliebige Höhle flüchten, denn die ist meist auch besetzt und schlimmstenfalls von einem Feind. Deshalb prägen sich die Fische die Umgebung ihrer Höhle ganz genau ein. Dafür haben die Schleimfische und Grundeln ein überaus gutes Gedächtnis. Man erkennt kluge Fische aber bereits an den Augen. Um ihre Höhle bei Gefahr mit dem ersten Schwung erreichen zu können, müssen sie Entfernungen schätzen. Das geht aber nur, wenn man plastisch sehen kann. So stehen die Augen bei Schleimfischen und Grundeln hoch am Kopf und haben nach vorn ein gemeinsames Gesichtsfeld.
Bei einem Urlaub in Ägypten suchten wir uns einen schönen Platz an der Steilküste beim Ras um Sid Plateau. Einige Felsbrocken waren schon verdächtig vom Felsen abgelöst und wir hofften, daß sie wenigstens noch für die Zeit unserer Anwesenheit da oben bleiben. In Deutschland hätte sich kein Mensch an dieser Küste aufhalten dürfen. Wir habens überlebt! Als die Flut, kam mußten wir unsere Sachen in Sicherheit bringen und beobachteten kleine Fische die mit jeder Welle auf den flachen Felsen sprangen und winzige Algen abfraßen. Mit der nächsten Welle waren sie wieder weg. Es handelte sich um Schleimfische der Gattung Istiblennius.Lustig war, als ein Fisch an der Felskante verweilte und die Lage mit den komischen Lebewesen auf seinem Gemüsegarten sondierte.(FOTO)Er muß dieSituation als unbedenklich eingeschätzt haben, denn mit der nächsten Welle war er wieder beim fressen. BeiEbbe versteckten sich die Fische im Felsen unter Wasser. Die Algen konnten wir nicht sehen, aber als wir unvorsichtig auf den nassen Felsen traten, machten die Füße was sie wollten. Einige Blessuren waren die Folge.
Wickler (1975) beschreibt eine kleine Grundel (Bathygobius soporator) der kalifornischen Küste. Diese lebt so nah am Ufer, dass sie bei Ebbe regelmäßig in kleinen Fluttümpeln zurückbleibt. Versucht man die Fische zu fangen, dann springen sie aus dem Tümpel in einen benachbarten und in weitere bis ins Meer. Die Fische können den Nachbartümpel beim Absprung nicht sehen. Sie müssen sich also bei Flut die Vertiefungen einprägen. Als man einzelne Grundeln in entfernte Tümpel setzte, die sie nicht kannten, waren sie nicht zum Springen zu bewegen. Also springen sie nur aus „ihren“ Tümpeln. Als man einige Fische 14 Tage gefangen hielt und sie dann in ihren Tümpel zurücksetzte sprangen sie wie gewohnt in den Nachbartümpel, allerdings waren einige mittlerweile verschwunden und sie landeten im Trockenen. Die bemerkenswerten Grundeln behielten die Fluchtwege 40 Tage im Gedächtnis, lernten aber bei Flut sofort um!
Pelagische Fische benötigen kein solches Gedächtnis. Heringsartige, wie Sardinen, Sardellen und Heringe, leben im offenen Meer. Dort gibt es keine Hindernisse, es ist der eintönigste Lebensraum, den man sich vorstellen kann. Diese Fische können auf Hindernisse nicht reagieren, sie schwimmen einfach immer geradeaus. Das ist der Grund, weshalb man solche Fische nur in Rundbecken bewundern kann, in denen eine ringförmige Strömung erzeugt wird. Die Tiere schwimmen dann immer geradeaus wie sie glauben, in Wahrheit schwimmen sie ständig im Kreis. An einer Wand würden sich die Fische zu Tode schwimmen. Übrigens auch an einer Glasscheibe, die ja noch Weite vortäuscht. Für uns sind das also dumme Fische, obwohl sie nicht wirklich dumm sind, sie verfügen nur nicht über unnötige Fertigkeiten.
Es gibt natürlich weitere Fische die uns intelligent oder eben weniger intelligent erscheinen. Zu ersteren zählen u. a. Zwergbarsche und zu letzteren auch Hornhechte oder andere pelagische Arten.
Lit.: Wickler, Wolfgang (1975): Das Meeresaquarium, Kosmos Franckh’sche Verlagshandlung. Stuttgart