Lebendfutter Teil 3

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  • Lebendfutter Teil 3

    Phytoplankton Kultur

    Ausgehend von der Tatsache, dass alle Fische neben tierischer Nahrung in großem Maße pflanzliche Nahrungsbestandteile benötigen, ist die Ernährung der Futtertiere ein wichtiger Aspekt den Bedürfnissen der Fische zu entsprechen. Die Futtertiere sind der Container für die Pflanzenkost aber sie sind zusätzlich in der Lage, die Pflanzenkost für die Fische in eine Form zu bringen, die wichtig für die Verdauung sind. In meinen vorangegangenen Beiträgen bin ich bereits auf die Vorverdauung, Anreicherung mit Enzymen, Stoffwechselprodukten usw. eingegangen, weil sie für die Fische sehr wichtig sind. Damit das alles gelingt, muss man auf dem Beginn aller Nahrungsnetze eingehen, dem Phytoplankton.
    Bekanntermaßen sind die unterschiedlichen Arten des Phytoplankton hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe mehr oder weniger gut geeignet. Grundsätzlich gilt: Je größer das Spektrum der Arten des Phytoplanktons desto ausgewogener ist die Ernährung der Futtertiere und als Folge die Ernährung der Fische. Besonders in der Zucht stellen sich die Erfolge ein, wenn man es schafft, diesen Grundsatz zu beachten.

    Neben den genauen Kenntnissen der Inhaltsstoffe des Phytoplanktons ist der Bereitstellung entsprechender Nährmittel größte Aufmerksamkeit zu widmen. Das betrifft die Verfügbarkeit von anorganischen Bestandteilen wie Makroelemente, Spurenelemente, besonders aber organische Bestandteile, auf die ich genauer eingehen werde.
    Die meisten Algen der Küsten nahen Regionen welche wir oftmals kultivieren, sind mit den Standartnährmitteln wie F/2 gut haltbar. Bei einigen Arten jedoch reicht das nicht aus und oftmals sind die Algen, welche mehrfach ungesättigte Fettsäuren aufbauen können und daher als besonders hochwertig gelten, mit weiteren Zuschlagstoffen zu versorgen. Bei Algen der Hochsee gibt es jedoch nur wenige kultivierbare Arten; oftmals scheitern die Versuche daran, weil das Milieu nicht steril genug gehalten werden kann, spezielle Nahrungsansprüche vorherrschen und geringe Toleranzgrenzen die Ausgangsbedingungen verschärfen.
    Eine gute Haltbarkeit oder Kultur von Algen sagt jedoch nichts darüber aus, ob die Algen ein gehaltvolles Futter sind. Die dafür erforderlichen Bedingungen hängen nicht nur von der Art der Alge und den Nährmitteln ab. Besonders der Qualität der Lichtquelle und deren Intensität, der Bewegung des Kulturmediums, die ausreichende Versorgung mit CO2 und die Temperatur sind wesentliche Faktoren, damit die gewünschten Inhaltsstoffe gebildet werden. Weitere wichtige Punkte sind Alter der Kulturen, deren Reproduktionsrate, Rhythmus der Beleuchtung, sterile Behälter und Gerätschaften usw. Diese Bedingungen sind eigentlich schon lange bekannt, finden jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen oftmals nicht genügend Beachtung. Arbeits,- Zeit- und Kostenintensiv sind die Methoden jedoch immer! Und es gelingt nicht immer die gewünschten Inhaltsstoffe zu produzieren, wenn die Voraussetzungen nicht genügend beachtet werden.
    Mit den verschiedensten Düngern hat man sich in der Vergangenheit an eine Darreichungsform herangearbeitet, die ausgehend von den Düngern der Landwirtschaft sich in der heutigen Form präsentieren und relativ einfach herzustellen sind. Unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen mariner Algen hinsichtlich ihres Bedarfs an anorganischen und organischen Nährmitteln werden derzeit standardisierte und für die meisten Algen brauchbare Dünger hergestellt. Das bekannteste ist das Nährmedium F/2, es gibt aber noch weitere Nährlösungen. Damit gelingt es vielen Algen eine ausreichende Basis für die Kultur zu bieten. Das betrifft unter anderem den pH Wert der Lösung bis hin zu Salzdichte, bei denen die Toleranzen der Lebensfähigkeit der Algen erweitert bzw. gepuffert werden, was die Haltung vereinfacht und Kosten reduziert. Viele marine Algen sind durchaus in niedriger Salzdichte und nahezu neutralem pH-Wert haltbar.
    Besonderes Augenmerk muss man auf die organischen Zuschlagstoffe lenken. Dazu gehören in erster Linie die wasserlöslichen B-Vitamine: B1 in Form des Thiamin, B12 in Form des Cobalamin. Im natürlichen Küstengewässern liegt das B12 in einer Konzentration von etwa 0,16mg/l vor, ein Wert, den man bei der Planktonzucht berücksichtigen muss. Manche Algen benötigen zusätzlich Biotin B6, aber alle Algen benötigen das B12. Ganz besonders hoch ist der Bedarf bei Algen, die saprophytische und holozentrische Tendenzen entwickelt haben, bei Algen mit mehr den Pflanzen zuneigenden Lebensformen ist der Bedarf viel geringer. Einige Algen benötigen zudem noch Niacin B3, Folsäuren B9, B11, Pantothensäuren B5, Pyridoxin B6 für die Wachstumsstimulation.
    In den F/2 Lösungen ist die Haltbarkeit der Vitamine ausschlaggebend für eine erfolgreiche Algenkultur. Daher ist das Kulturmedium gut gekühlt aufzubewahren und nur begrenzt lagerfähig. Das Vitamin B12 ist in der Apotheke in Konzentrationen von 100µg/l oder 1000µg/l erhältlich und in dieser Form recht lange lagerfähig, so dass man sich relativ einfach eine stabile Versorgung der Phytoplanktonkultur schaffen kann. Das trifft auch auf das Vitamin B6 zu, was in Form des Pyridoxin in einer Konzentration von 25mg/l erhältlich ist. Probleme könnte es bei der Beschaffung des Vitamin B3 geben, denn in Deutschland ist ein Mangel an diesem Vitamin sehr unwahrscheinlich. In Lebendfutter Teil 1 habe ich auf den sehr großen Bedarf besonders bei Jungfischen hingewiesen, weil ihr Verdauungsapparat noch nicht voll entwickelt ist.
    Weitere Zuschlagstoffe für die Kultur der Algen sind unerlässlich. Dazu zählen wichtige Aminosäuren; es sind in erster Linie: Glutaminsäure, bekannt als Nahrungsergänzungsmittel Gluten, dann Glycin was man in höherer Konzentration in ungesüsstem Gelantinepulver findet (>20%) bekannt aus der Lebensmittelindustrie als Geschmacksverstärker, weiterhin Purin bzw. deren Derivate, auch als Harnsäuren bekannt. F.E. Round verweist in seiner Veröffentlichung zu Algenkulturen weiter auf die Zwischenprodukte des KREBS – Zyklus, die einen erheblichen Einfluss auf den Stoffwechsel der Pflanzen und ganz besonders der Energiegewinnung und Stoffumwandlung eine Rolle spielen. (1)
    Cytratcyklus in Wikipedia

    Nun kann man sich fragen, ob dieser Aufwand für den Privatmann erforderlich ist. Grundsätzlich ist eine ausgewogene Ernährung von Fischen und Wirbellosen nur durch hochwertige Futtermittel gegeben. Und die findet man im Trockenfutter nicht in ausreichender Form und Zusammensetzung, im Frostfutter in stark schwankender Qualität und nur im gut genährtem Lebendfutter. Nachzuchten stellen sich zuerst bei den Tieren ein, die eine bestmögliche Ernährungsform geboten bekommen, da sie die wichtigen Verbindungen und essenzielle Bestandteile für ihren Stoffwechsel und bei der Ausbildung von Gonaden an hochwertiges Futter gebunden ist. Anfangs nannte ich schon, dass auch die sich karnivor ernährenden Tiere pflanzliche Kost benötigen, die sie sich mit Hilfe ihrer Nährtiere zuführen. Die dafür erforderlichen Nahrungsnetze im Aquarium aufzubauen ist auf Grund des geringen Volumens nicht möglich, zudem ist die Artenvielfalt im Aquarium schnell abnehmend, wenn man keine gegensteuernde Maßnahmen ergreift. Dabei reichen Algen allein nicht aus, da viele weitere Futterbestandteile benötigt werden. So sind Protozoen, Hefen und Pilze wichtige Bestandteile im Nahrungsnetz, die mittels „Container“ Futtertier den Fischen verabreicht werden. Leider gibt es zu Hefen und Pilzen nur wenige Veröffentlichungen. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass sich die Verabreichung dieser Futtermittel durchaus positiv auswirken. Beispiel Bierhefe als Träger des Vitamin B12 oder einige probiotische Bakterien bei der Zucht der Futtertiere um Krankheitskeime zu unterdrücken. Man muss sich dabei immer vor Augen halten, dass die Futtertierzucht eine Massentierhaltung bedeutet- mit all ihren bekannten Nachteilen.
    Da ich den Umgang mit Phytoplankton als bekannt voraussetze gehe ich auf die Arbeitsweisen und den sterilen Umgang nicht weiter ein, zumal hier im Forum genügend Beschreibungen und Hinweise zu finden sind.

    LG Dietmar

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    Quelle
    (1) F.E.Round, Biologie der Algen Thieme Verlag 1975; S.187 ff.
    FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg