Eine Betrachtung zur Geschlechtswandlung unserer Rifffische Männchen oder Weibchen ?

    Aus Gründen der Höflichkeit bitten wir das Geschriebene mit seinem Vornamen zu kennzeichnen, Danke, das Team der IG.

    • Eine Betrachtung zur Geschlechtswandlung unserer Rifffische Männchen oder Weibchen ?

      Hallo,
      ertmal was anderes zum Lesen! Ist vielleicht auch ganz interessant!?
      LG Helmut

      Männchen oder Weibchen ?
      …oder doch Männchen und Weibchen ?
      …oder wie oder was?
      Eine Betrachtung zur Geschlechtswandlung unserer Rifffische

      In beinahe jedem Fischbeitrag in unseren Aquarienzeitschriften wird über die Geschlechtswandlung von Rifffischen berichtet und das nicht etwa von Wissenschaftlern, sondern von Aquarianern. Das hat wohl den hauptsächlichen Grund, dass Aquarianer viel Zeit vor ihrem Aquarium verbringen und sich zwangsläufig mit dem Verhalten ihrer Pfleglinge beschäftigen. Da ernsthafte Meeresaquarianer seit einigen Jahren zur Paar- oder Gruppenhaltung der Fische übergegangen sind, kann man logischerweise Sozialverhalten beobachten, dass man an Einzelexemplaren niemals entdeckt. Und nicht nur das, man kann die Fische natürlich auch bei der Balz und bei der Paarung erleben. Irgendwann entschließt man sich dann die Nachzucht zu versuchen und siehe da, auch das ist bei einigen Arten durchaus möglich.
      Möglich ist die Vermehrung auch deshalb, weil viele der Fischarten in der Lage sind ihr Geschlecht den „Notwendigkeiten“ anzupassen. Das heißt, die Fische können Männchen oder Weibchen werden, das allerdings unter konkreten Voraussetzungen. Zu diesen gehört ein permanenter Druck durch einen dominanten Artgenossen, aber auch das scheint nicht zu stimmen. Was wir bisher wissen ist nicht sonderlich viel und das liegt auch daran, dass man nur einen Geschlechtswechsel nachweisen kann, wenn funktionelle Männchen oder Weibchen zu funktionellen Weibchen oder Männchen werden. Die Tiere müssen also schon einmal abgelaicht haben und dann im anderen Geschlecht ebenfalls laichen. Ellen THALER hat diesen Vorgang bei Amphiprion clarkii nachgewiesen (THALER 1995) und im persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass sie das nie wieder tun wird. Das muss den Fischen schon ziemlich an die Substanz gegangen sein. Bei Anemonenfischen ist das dominante Tier immer ein Weibchen! Ist es wirklich ein Weibchen? Wie britische Wissenschaftler anhand von Genanalysen feststellten, sind Amphiprion-Arten nicht als Weibchen oder als Männchen differenzierbar (Zeitschrift: Nature ? 2005). Die Fische sind also Zwitter, die als Männchen oder als Weibchen fungieren. Das heißt unter anderem, dass kleinere Anemonenfische keineswegs Jungtiere sein müssen, sondern nur in einer Wartestellung auf ihre Chance hoffen. Bei Ausfall des funktionellen Weibchen wächst das funktionelle Männchen innerhalb kurzer Zeit auf Weibchengröße und der stärkste aus der Wartestellung wird zum funktionellen Männchen. Anemonenfische sind also Hermaphroditen die ihr Geschlecht in beide Richtungen wechseln können. Es scheint bei Amphiprion-Arten ein besonderes Privileg zu sein, als Weibchen zu fungieren.
      Einige Riffbarsche gelten als protogyne Hermaphroditen. Sie sollen ihr Geschlecht nur einmal vom Weibchen in Männchen wechseln können. Dazu gehören auch die „Preußenfische“ der Gattung Dascyllus. Mit den Arten D. aruanus und D. melanurus habe ich einige Erfahrung. Aus zwei Tieren wurde immer ein Paar. Auch beim Nachsetzen eines kleinen Tieres bildete sich ein Paar. Das lässt sich ohne Unterschiede auch auf mehrere Crisyptera-Arten übertragen.
      In „der Meerwasseraquarianer“ 3/ 2007 berichtete ich über den Harem meiner Herzogfische (Centropyge aurantia). Mit ziemlicher Sicherheit hatte sich ein Einzeltier dieser Fische in ein territoriales Männchen entwickelt. Der hoffte natürlich auf Weibchen und eines Tages waren die plötzlich da. Allerdings war da auch ein Mann dabei, dem erstmal gezeigt werden musste „wo der Hammer hängt“! Nachdem das erledigt war, herrschte eitel Sonnenschein. Wahrscheinlich hat das alte Männchen nun drei Weibchen zur Auswahl - der Glückliche.
      Bisher gingen wir immer davon aus, dass es für die Fische ein tolles Erlebnis sein muss, als Mann sein Leben zu genießen. Zumindest bei denen, die dominante Männchen bilden. Das allerdings scheint nicht immer der Fall zu sein! Außerdem ist folgende Begebenheit so ungewöhnlich, dass ich mich entschlossen habe über den Geschlechtswechsel unserer Fische ein paar Worte zu verlieren.
      Mein Freund Bernd SCHRADER („Meeresaquaristik Schrader“) hat in seinem Meerwassergeschäft ein Schauaquarium mit ~ 2500 Litern. Dort durfte ich ausgiebig fotografieren und machte natürlich Gebrauch davon. Unter anderen Fischen befand sich ein Paar des Lyrakaiserfisches (Genicanthus bellus) im Aquarium. Eine Fischart, bei der die Weibchen ausnahmsweise mal hübscher sind als die Männer und über die Roland Kiesinger (2007) in „der Meerwasseraquarianer“ erst kürzlich berichtete. Die Fische waren vor etwa vier Jahren als Dreiergruppe (Weibchen) in das Aquarium eingezogen. Einer der Fische verschwand nach einiger Zeit spurlos und ein zweiter verschwand ebenfalls. Letzterer allerdings tauchte nach zwei Wochen, zur Freude von Bernd, plötzlich wieder auf und hatte sich zum Männchen gewandelt. Nun schwamm also ein Paar im Aquarium und laichte regelmäßig ab. Nach dem Umbau des Aquariums starb das Weibchen und der Mann musste nun als Single sein Leben fristen. Das schien aber ziemlich langweilig zu sein, denn Weibchen kamen einfach keine vorbei. So wechselte der Mann innerhalb weniger Wochen seine Färbung und versuchte als Weibchen sein Glück! Da es bei G. bellus einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus gibt, lassen sich Männchen und Weibchen einfach unterscheiden. Interessant an dieser unerschütterlichen Tatsache ist, dass der Fisch keinerlei Druck durch Artgenossen ausgesetzt war. Kein Mensch weiß was ihn (oder Sie) zu der Geschlechtsumwandlung bewogen hat.
      Mittlerweile hatte Bernd ein neues, hübsches Weibchen zugesetzt. Es war nicht anders zu erwarten: der Alteingesessene entschloss sich sofort wieder ein Mann zu werden. Vielleicht wäre es für das Experiment besser gewesen einen zweiten, ausgefärbten Mann in das Aquarium zu setzten, um dann die Reaktion abzuwarten. Das ist nun nicht passiert, aber die Beobachtung ist allemal hochinteressant und Besucher des Geschäftes fragten oft: „Was ist denn mit Eurem Kaiser los?“
      Fazit: Es ist alles nicht so einfach?! Und doch ist das zu erklären: Ein Fisch, der sich vom Weibchen zum Männchen entwickelt, der hat gezeigt, dass er beide Geschlechtsanlagen besitzt. Es gibt keine logische Erklärung, warum der Fisch solch eine Entwicklung nicht rückgängig machen kann. Ich halte die Einteilungen in protogyne, simultane usw. Hermaphroditen für etwas übertrieben und ziemlich dünn begründet. Der Hinweis, dass es sich bei den Tieren um Hermaphroditen handelt, sollte meiner Meinung nach ausreichen um zu erklären, dass die Fische ihr Geschlecht wechseln können. Allerdings bin ich kein Wissenschaftler, ich beobachte lediglich die Tiere in Aquarien, ziehe daraus meine Schlüsse und die stimmen eben keineswegs immer mit den Lehrmeinungen überein. Und das wird man ja mal mitteilen dürfen?!

      Literatur:
      Thaler, Ellen (1995): Fische beobachten. Ulmer
      Helmut Strutz
    • Hallo Helmut,
      als ich Deinen Artikel gelesen habe (der mir so richtig gut gefällt), ist mir spontan der Bericht von Gerhard Rau und die Antwort von Ellen eingefallen.
      Glücklicherweise sind beide Berichte online und zwar hier der Artikel von Gerhard:
      fg-meeresbiologie.de/meeresbio…g/ZAG/neue%20scan/361.pdf

      und hier die Antwort von Ellen:
      fg-meeresbiologie.de/meeresbio…g/ZAG/neue%20scan/362.pdf

      Vielen Dank für Deinen Artikel.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Hallo Dietmar,
      danke! Natürlich kenne ich Beiträge von Gerhardt und von Ellen. Schließlich habe ich Ellen damals nach einer Antwort angefragt, da hatte ich noch die Redaktion.

      Hallo Harald,
      ist i.O. so.

      @all,
      vielleicht schreibt ja auch Ihr mal was. Besser ist es dann aber den Beitrag an Rüdiger Latka zu schicken. Der freut sich immer über Beiträge und außerdem bekommt man dafür auch noch Geld fürs Hobby!

      LG Helmut