Ankündigung 55. Ostsee Exkursion der FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg 2016

    Aus Gründen der Höflichkeit bitten wir das Geschriebene mit seinem Vornamen zu kennzeichnen, Danke, das Team der IG.

    • Hallo Foris,
      lebende Futtertiere findet man ja nicht nur im Plankton. Besonders an und in Substraten lohnt es sich zu suchen. Ich habe mir ein Büschel Blasentang in einer Schüssel ausgeschüttelt. Dort waren große Mengen an Kleinkrebsen in vielen Arten und Größen vorhanden, sowas lohnt sich immer. Wer Lippfischen und Zweigkaisern was zugute kommen lassen möchte, wird hier bestens bedient. Der Aufwand: 5 min. an der Hafenmole in 15 cm Wassertiefe. Je feiner die Substrate sind, um so höher ist die Ausbeute.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Hallo Foris,
      gestern habe ich mir etwas Sand unter das Mikroskop gelegt um die Sandlückenfauna zu beobachten. Zwei große Organismen die im Schlamm und Schlick sowie in Feinsanden zu finden sind habe ich versucht zu fotografieren. Aber die sind so flink, dass mir das nur teilweise gelungen ist. Als erstes die wunderschön gefärbte Assel Eurydice pulchra, die ihrem Synonym einer Nymphe alle Ehre macht.
      Hier ist noch ein Link zu interessanten Eigenschaften dieses Tieres: livenet.ch/themen/wissen/schoe…en_zwei_innere_uhren.html
      Leider ist das Tier zu groß für mein Mikroskop. Sie erreichen eine Länge bis zu 7mm, das abgebildete Tier ist etwa 1,5mm groß.
      ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52
      Ein weiterer Vertreter ist eine kleine Schnecke, die Wattschnecke Hydrobai ulvae, von denen sich einige Tiere im Behälter befanden. Eigentlich unspektakulär und wahnsinnig schnell auf dem Objektträger unterwegs. Das Tier ist etw 1mm groß.
      ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52

      Hier noch einige Infos von einer Suchmaschine Ihrer Wahl: de.wikipedia.org/wiki/Gemeine_Wattschnecke
      Solche Tiere gehören immer zum Erstbesatz in einem Aquarium, denn sie sind unverzichtbare Futterestevertilger. Gerade in einem Kaltwasseraquarium sind Stoffwechselprozesse sehr langsam ablaufend und man kann froh sein, solch einen Besatz pflegen zu können. Es genügt eine kleine Menge Sand am Spülsaum in 2-3 cm Tiefe einzusammeln. Einen Handvoll reicht schon. Natürlich findet man jede Menge an kleinsten Strudeln (sehen aus wie Euplotes) oder auch kleinste Würmer die sich durch den Sand wühlen (Fadenwürmer).
      Eigentlich hatte ich auf einige kleine Wimperntiere gehofft doch leider waren keine zu sehen. Und auch keine harpactiden Copepoden. Nun ja, wer sich mit einer Erweiterung der Futterzucht bemühen möchte, wird auf jeden Fall an unseren Küsten gut bedient.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Hallo Edwin,
      ich habe in unserer Bibliothek einen Beitrag, der auf die Ionenanomalie eingeht. Darin heisst es dass "...im offenen Ozean alle Salze in einem bestimmten Mengenverhältnis vorliegen. Diese Relation bleibt unverändert, wenn man das Wasser mit destilliertem Wasser verdünnt. Wird aber dem Seewasser Flusswasser zugeführt, welches einen hohen Kalziumbicarbonat enthält (Ca (HCO3)2) hat, wie es in der Ostsee der Fall ist, so verändert sich die Alkalinität und der relative Kalziumgehalt. Positive Anomalien in der Alkalinität und der anomal hohen Ca Gehalte wurden vor allem in der Deutschen Beltsee und der gesamten südlichen Ostsee nachgewiesen...".
      Für die Physiologie der Brackwassertiere hat das erhebliche Auswirkungen. Einzelne Ionen des Seewassers haben ganz spezifische Wirkung auf lebende Zellen. Von den Kationen sind besonders Ca und K zu beachten, da sie entsprechend entquellend (Ca) bzw. quellend (K) auf die Plasmakolloide wirken. Das Kalzium ruft speziell eine Verdichtung der Zellmembran hervor, so dass die Permeabilität herabgesetzt wird. Das ist sicher der Grund, warum die Seesterne aus der Ostsee sich ausgesprochen schlecht an Nordseeverhältnisse anpassen. Die Seesterne haben kaum einen Unterschied im Ionenverhältnis zwischen Leibesflüssigkeit und Aussenmedium und die Anpassung ist extrem schwierig und lange Zeit erfordernd. Dazu kommt noch, dass marine Einwanderer einen erhöhten Sauerstoffbedarf haben (bis 150% Steigerung). Bei Versuchen zur Atmung der Seetiere hat man festgestellt, dass im Brackwasser ein erhöhter Zusatz von K die Atmungsaktivität bedeutend erhöht. Im Blut der Brackwassertiere liegen enorm erhöhte Ca und K Werte vor.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Sehr interessant Dietmar!

      Ich habe mir ja im Juli 4 Seesterne von der Ostsee mitgebracht. Die ersten 2 habe ich über eine Woche von "originalen" 17g/l auf 25g/l angepasst - das haben sie nicht überlebt.

      Die anderen beiden habe ich bis heute auf etwa 25g/l angepasst, die sind noch fit. Bis zu den gewünschten 35g/l ist es noch ein weiter Weg, aber ich habe Zeit ;)
      Gruß, Robert
      __________________________________________________________________________
      I) 460l Miniriff
      Algenrefugium, 180W LED (DIY), Mondphasen- und Strömungssimulation, DIY-Wavebox, Balling, DIY-Aquariencomputer
      II) 240l Nord-/ Ostsee / Mittelmeer - Anemonenaquarium
      35g/l Salz, je nach Jahreszeit 10...20°C, gekühlt über Erdleitung, 30W LED
      III) 200l Nord-/ Ostsee - Röhrenmäuler
      60W LED, Wasserkreislauf verbunden mit II)
    • @Dietmar:

      Interessante Sachen hast Du da aufgefahren; das hätte ich so nicht gedacht, dass Ca und K so eine bedeutende Rolle bei der Dichteanpassung spielen. Ich habe mich auch immer gewundert, warum man Seesterne selbst bei einer Dichte von nur 1,008 noch auffinden kann. Also speichern sie in ihrem Gewebe das, was sie im Wasser nicht in ausreichender Menge haben. Und wenn sie dann in zu salziges Wasser kommen, kollabieren sie durch einen Überschuss an Ca und K... Sehr spannend! :S

      Zur Assel Eurydice pulchra wollte ich noch anmerken, dass diese vorzugsweise beim Wendepunkt der Gezeiten auftauchen. Sie zwickt! Im Aquarium lebt sie leider nicht besonders lange; ich würde sie aber auch als Parasiten sehen wollen. ;)

      Zur Wattschnecke Hydrobia ulvae sei angemerkt, dass es sich um die "Speedy Gonzales" unter den Schnecken handelt. Sie kann bis zu 7/kmh schnell sein. Vorzugsweise surft sie, in dem sie sich von unten an der Wasseroberfläche festsaugt. Es gibt mehrere Arten der Gattung, die nur unter dem Mikroskop unterschieden werden können. Leider halten sie sich im Aquarium nicht allzu lange; ich denke, sie werden schnell das Opfer irgendwelcher Garnelen oder anderer Tiere. Außerdem ernähren sie sich von Diatomeen, die wir ihnen im Aquarium nicht wirklich bieten können. :(

      LG, Sven!
    • Hallo Leute,
      vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Ja das sind immer wieder die Dinge, die einen Anstoss geben weiter zu suchen und rumzukramen. Und Harald, auch nach 25 Jahren Seewasser Erfahrung erkenne ich immer wieder, dass man vieles einfach nicht weiss. Was die Seesterne betrifft, vielleicht hilft eine Erhöhung des Kaliumgehaltes, die Anpassung an Nordseewasser zu ermöglichen wenn der Kalziumgehalt höher ist? Sie können nicht nur besser atmen, der Stoffwechsel durch die Zellmembran dürfte leichter sein.
      Im untersuchten Spülsaum aus der Plastikflasche entdeckt man noch nach Tagen neue und interessante Organismen, wie Foraminiferen, Muschel und Muschelkrebse. Und zwar lebend. Das ist schon erstaunlich, weil ich den Behälter nicht kühle. Der steht im schatten auf den Balkon, da hatten wir die Woche schon mal 30°C in Folge. Die Brackwassertiere halten eine Menge aus was Temperaturschwankungen betrifft.

      ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52

      Die ersten beiden Bilder zeigen das gleiche Objekt, nur dass man mit einer Schwarz-Weiß Aufnahme mehr Bildinformationen erhalten kann, habe ich nicht für möglich gehalten.

      ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52

      Das nächste Bild könnte eine Muschellarve sein oder auch ein Muschelkrebs. Da bin ich mir nicht sicher.

      ig-meeresaquaristik.de/index.p…ff152b43732671065001b2a52

      Das letzte Bild zeigt einen Blick in einen Muschelkrebs, wie er gerade dabei ist eine Alge zu verzehren. Die Bilder sind zwar nicht so schön aber es geht auch nicht um den Fotowettbewerb.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Dietmar schrieb:

      Und Harald, auch nach 25 Jahren Seewasser Erfahrung erkenne ich immer wieder, dass man vieles einfach nicht weiss.

      Da gebe ich dir Recht Dietmar.

      Wenn es auch jetzt etwas abweicht, ich z.B. jetzt mit den Seepferdchen, man was ein komplexes Thema, hätte ich nie gedacht. Aber wie geschrieben es macht immer noch sehr viel Freude hinzu zu lernen.
      - "Mein kleines azooxanthellates Aquarium" -

      Beste Grüße
      Harald
    • Hallo Edwin,
      für kurzfristig aufzubewahrende Schnitte und unter dem Umstand, dass das Objekt einer Wärmeeinwirkung und den damit verbundenen Schrumpfungsprozessen unterzogen werden kann / darf, bietet sich ein sogenanntes PEG Verfahren an. Damit umgeht man die aufwändige Entwässerung. PEG in die Bezeichnung für Polyethylenglycol. Für die Mikroskopie empfiehlt sich der Typ 1550. Wenn etwas Glycerin zugegeben wird, kann man besser schneiden.
      Dazu stellst Du Dir eine Gussform aus einem Aulustreifen her. 2x8 cm lang um einen Glasstab wickeln und mit Testband fixieren. Das Röhrchen klebst Du dann auf einen Streifen Karton.
      Erster Schritt: Durchtränken des Objektes in einer Mischung aus Formol, Ethanol und Eisessig in einem Verhältnis von 5:90:5 24 Stunden lang, dann mit Wasser gründlich auswaschen. Dann eine kleine Glasschale mit 10g PEG 1550 + 0,1g Glycerin + 90ml H2O übertragen. Das ganze auf max. 55°C erwärmen, damit das Wasser innerhalb 24 h verdampft.
      Zweiter Schritt Einbetten: 7,5g PEG in ein kleines Glas geben, 2 Tropfen Glycerin dazu und unter kleiner Flamme unter Schütteln aufschmelzen. Wenn das flüssig ist, gibst Du das in das in die Gussform, die Alge mit einer dünnen Nadel in der Mitte darin aufhängen und erkalten lassen. Dann die Folienhülle entfernen und das ganze kannst Du einige Zeit aufbewahren in einem Behälter mit etwas Sikagel (zum Beispiel die Behälter für Messstreifen für Diabetiker).
      Viel Spass.
      Bezugsmöglichkeiten der Komponenten Merck, Carbowachs Union Carbide oder Fluka. Mal eine Suchmaschine Deiner Wahl bedienen... oder einen Mikroskopischen Verein besuchen.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Hallo Edwin,
      naja eine Zellstruktur in einer Ebene sauber im Querschnitt abzubilden ist schon aufwändig. Du musst bedenken, das Objekt steht dann "hochkantig" und dann ist mit der geringen Tiefenschärfe bei unsauberen Schnitten kaum etwas zu sehen. Die verschiedenen Zonen die außerhalb der Schärfenzone liegen müssen Stück für Stück scharfgestellt werden, einzeln fotografiert werden und mit einem Programm wie Piccolay zu einem Einzelbild zusammengesetzt werden.
      Möglicherweise kannst Du in einem Mikroskopierforum praktische Hilfe oder auch Materialien im Kleinstbedarf beziehen. Wende Dich doch bitte mal an die Adresse: mikroskopie-muenchen.de/impressum.html Viel Erfolg!
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Hallo Dietmar,

      bin erst jetzt auf die Diskussion mit der Anpassung der Seesterne gestoßen. Könnte man das Problem nicht auch mit extremer Belüftung lösen, wenn sie einen erhöhten Sauerstoffbedarf haben?

      Ich würde dieses Problem nämlich auch sehr gern lösen, habe sehr viele sehr schöne lila und blau gefärbete Seesterne gefunden, doch leider hatten sie die Anpassung nicht überlebt.

      Gruß Oliver
    • Hallo Oliver,
      schön wieder mal von Dir zu lesen!
      Also wenn ich das richtig verstanden habe, ist das nicht nur ein Problem der Sauerstoff Verfügbarkeit im Umgebungswasser. Das Verhältnis der Hauptelemente in den Zellen ermöglicht es den Stoffwechsel aufrecht zu erhalten. Wenn nun ein Seestern aus der Nordsee in die Ostsee gelangt, funktioniert das, da sehr viel Kalium verfügbar ist und somit Wasser und damit Sauerstoff in die Zellen eindringen kann. Die dafür benötigte Energie ist nur durch die gute Quellung der Zellen durch das Kalium möglich, da den Zellen mit der Fähigkeit viel Wasser aufzunehmen auch mehr Sauerstoff für den Stoffwechsel zur Verfügung steht. Wenn nun der Seestern in Nordseeverhältnisse gebracht wird, liegt eine höhere Kalziumkonzentration im Wasser vor, was den Seestern in der Wasseraufnahme erheblich beeinträchtigt. Der Stoffwechsel der Zellen des Gewebes ist bei diesen Tieren auf Grund des geringen osmotischen Gefälles zwischen Außen- und Innenmedium durch die Kalziumblockade in der Sauerstoffaufnahme zusätzlich eingeschränkt. Möglicherweise könnte man das Problem der Anpassung mit einer Kaliumzufuhr im Aquarium in den Griff bekommen. Aber das ist nur eine theoretische Überlegung.
      Wie ich daraus schließe ist es nicht damit getan Salzwasser zu verdünnen um Ostseeverhältnisse herzustellen. So führe ich meine Misserfolge bei der Algenhaltung höherer Arten im Brackwasser u.a. auf diese Problematik zurück.
      LG Dietmar
      FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg
    • Dietmar schrieb:

      Wie ich daraus schließe ist es nicht damit getan Salzwasser zu verdünnen um Ostseeverhältnisse herzustellen.

      Das ist korrekt. Als ich mein erstes Ostseebecken aufstellte, füllte ich das mitgebrachte Wasser hinein und füllte den Rest mit selbst angemischten Wasser mit derselben Dichte auf. Das Ergebnis waren Seesterne, die wie Ballons aufgeblasen waren ...
      Gruß, Robert
      __________________________________________________________________________
      I) 460l Miniriff
      Algenrefugium, 180W LED (DIY), Mondphasen- und Strömungssimulation, DIY-Wavebox, Balling, DIY-Aquariencomputer
      II) 240l Nord-/ Ostsee / Mittelmeer - Anemonenaquarium
      35g/l Salz, je nach Jahreszeit 10...20°C, gekühlt über Erdleitung, 30W LED
      III) 200l Nord-/ Ostsee - Röhrenmäuler
      60W LED, Wasserkreislauf verbunden mit II)